Das wohl unromantischste Weihnachtsgedicht aller Zeiten - oder über Kater jeglicher Art

Einmal im Jahr
zusammenkommen.
Was man viel öfter tun könnte, sollte und eigentlich auch müsste, sagt danach jeder.
Jeder, der das Gesagte im gleichen Gedankenfluss auch noch auf To-Do-Liste 16 schreibt,
es jedoch höchstens mit der Prioritäten-Stufe drei versieht.
Dringlich ist doch wirklich etwas anderes.
Dann aber ungünstigerweise vergisst, es von To-Do-Liste 16 auf To-Do-Liste 17 zu übertragen.
Flüchtigkeitsfehler.
Alle Jahre wieder.
Mit Prioritäten-Stufe eins wäre das nicht passiert.
Vielleicht sollte man seine Prioritätensetzung überdenken.
Ja. Vielleicht an Silvester.
Da ist der Himmel doch sowieso schon voll von guten Vorsätzen, die der Alltag genau so schnell verschluckt, wie der Nachthimmel die Feuerwerkskörper.
Leider versperrt der Nebel im Kopf die klare Sicht auf dieses Spektakel.
Zu viel Alkohol.
Alle Jahre wieder.
Immerhin einen Gedanken an die Veränderung verschwendet, flüstert die Gewohnheit aus dem Glas. Genau, verschwendet.
Alle Jahre wieder bleibt von all diesen Gedanken, die Taten hätten werden können nur der Kater.
Der ist dafür real und steht nicht im Konjunktiv.

 
Einmal im Jahr
der Versuch ein Lächeln zu verschenken, das man außerhalb von Instagram schon viel zu lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hat.
Obwohl man es ja wollte, eigentlich. Wieder so ein Feuerwerkskörper.
Ein Lächeln, was der Moment und nicht die Kamera ausgelöst hat,
über dem als einziger Filter das Kerzenlicht liegt und
dessen Wert die Anzahl der Schmetterlinge im Bauch und nicht die Anzahl der Likes auf dem Bildschirm bestimmt.
Und zur Erinnerung: Oma kann nicht mal eben das bunte Viereck drücken, um einen stets lächelnd auf der Sonnenseite seines Lebens zu besuchen.
Vielleicht ist das auch besser so. Sie hätte einem wohl die meisten Lächeln trotz 2000 Likes nicht abgekauft.
Denn was Oma kann, ist anstatt Bildern Kaffee und Gefühle filtern.

Einmal im Jahr
Opa als lebendes Beispiel dafür, dass man die verlorene Tiefe nicht nur im Weinglas an der Bar, sondern auch in den Gesprächen am Tisch wiederfinden kann. Oder in beidem.
Weil Opa im Gegensatz zu den meisten Männern neben Flaschen auch noch Herzen öffnen kann.


Alle Jahre wieder
bringen Oma und Opa den Gefühlskater mit. Gut getarnt in Gesprächen und Umarmungen breitet er sich Wort für Wort langsam im Herzen aus und bleibt über die Feiertage ein treuer Begleiter.

Leider verhält es sich mit Katern wie mit Kaffee: Die Wirkung ist kurz und der nächste schon in Sicht.
Nichts gelernt.
Alle Jahre wieder.
Deshalb filtern wir weiter Bilder statt Gefühle und öffnen lieber Flaschen als Herzen.



Kommentare

  1. Oh Anna, das ist schon wieder ein wundervoller Text. So, so gut beobachtet.
    Regt zum Nachdenken an...darüber wie man es diese Jahr vielleichtanders machen kann.
    Danke dafür!Schreib so wunderbar weiter :)
    Liebst,
    Pia
    vielleicht wird alles vielleichter

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    1. Liebe Pia, vielen, vielen Dank. Ich freue mich immer sehr, wenn ich mit meinen Texten zum Nachdenken und eventuell auch Umdenken anregen kann.
      Ich gebe mir Mühe! Hab ein schönes Wochenende.
      Anne (:

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  2. Hmm das macht wirklich nachdenklich, aber es ist tatsächlich so. ein unromantisches, aber geniales Gedicht, dankeschön liebe Anne :D Ich bin einfach jedesmal so ein Fan von Deinen Texten, Du schaffst es immer, mich zu berühren!
    Liebste Grüsse und hab ein schönes Weekend!
    Janine von https://www.vivarubia.ch/

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    1. Vielen Dank liebe Janine, ich freue mich immer von dir zu lesen! Einen guten Start in die Woche wünsche ich dir(:

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  3. Dein Text regt wirklich zum Nachdenken an. Und das sollte auch jeder einfach einmal tun. ;)

    Liebe Grüße
    Kathleen
    www.kathleensdream.de

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  4. Oh wie schön das geschrieben ist. Habe deinen Blog gerade über Luise gefunden und ich bin so froh. Ich liebe deine Texte. Werde wohl noch ein bisschen weiterstöbern und mich durch deinen Blog lesen!! :)
    Mach weiter so!!
    Liebste Grüße
    Carolin

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    1. Was für ein liebes Kommentar. Vielen, vielen Dank! Ich freue mich sehr, wenn dir meine Texte gefallen! Viel Spaß beim Stöbern. Liebe Grüße an dich (:

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  5. Sehr schöne Gedanken über den Abschluss des Jahres :)
    Lese solche Art von Blogposts total gerne! Dein Schreibstil ist wirklich toll :)

    Liebste Grüsse
    Swenja
    https://www.overtheview.ch

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  6. Ein wirklich schöner Text. Gerade im Bezug auf deinen Opa. Da bei uns Weihnachten auch untrennbar mit der Feier bei unseren Großeltern verknüpft ist, kann ich das sehr, sehr gut nachvollziehen!

    Danke für deine lieben Worte!
    Die Sache ist die, dass ich wirklich sehr dran gearbeitet habe, als das lange Kranksein überwunden war. Ich wollte den Balast aus der Zeit nicht ewig mit mir herumschleppen. Allerdings war ich umso überraschter, dass das jetzt einfach wieder so hervor gebrochen ist... Manchmal kann man gegen so etwas dann einfach nicht viel tun. Obwohl ich jetzt viel besser wusste damit umzugehen, war es dennoch echt har...

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    1. Liebe Christine, das glaube ich dir. Man kann auch immer viele Sachen raten und doch klingt alles flach, wenn man es nicht selber durchleben muss. Aber eine Sache stimmt definitiv: Alles macht dich stärker! Viel Kraft. Anne

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  7. Das ist wirklich ein ganz toller Text, richtig schön geschrieben!

    Liebe Grüße
    Jimena von littlethingcalledlove.de

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  8. Oh, was für ein wundervoller Post, Liebes! Mir gefällt dein Blog wirklich total gut :)

    Hoffe du kommst gut ins neue Jahr und viele liebe Grüße, Julia ☾ | www.serendipityblog.de

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    1. Vielen Dank liebe Julia, das kann ich immer nur zurück geben! Ich hoffe du hattest auch einen guten Start in 2018. Ganz liebe Grüße(:

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